Veröffentlichung eines Fotos auf Facebook nicht ohne Zustimmung der abgebildeten Personen
Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) dient dem Schutz personenbezogener Daten. Die Verordnung sieht vor, dass es grundsätzlich der Einwilligung der abgebildeten Personen bedarf, wenn ein Foto in den sozialen Netzwerken veröffentlicht wird.
Mit Beschluss vom 19.02.2021 bestätigte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg diese Regelung der DSGVO nun in einem Fall, in dem ein Foto auf Facebook veröffentlicht wurde, auf dem Personen identifizierbar waren, die dieser Veröffentlichung nicht zugestimmt hatten. Eine solche Veröffentlichung stellt die Verarbeitung personenbezogener Daten dar und bedarf daher einer Legitimation nach datenschutzrechtlichen Vorschriften, entschied das Gericht.
Facebook-Post einer Partei
Streitgegenstand ist der Facebook-Post eines Ortsvereines einer Partei, der wegen der Veröffentlichung eines Fotos auf dem sozialen Netzwerk verwarnt wurde. Das streitgegenständliche Foto wurde im Rahmen eines öffentlichen Ortstermines im Jahr 2014 aufgenommen, an dem ca. 70 Personen teilnahmen. Bei diesem Ortstermin stand der Bau einer Ampelanlage im Vordergrund. Darüber wurde auch in der Presse viel berichtet.
Im September 2018 hatte der Verein auf seiner Facebook-Seite, die frei einsehbar ist, dann ein „Vorher-Nachher-Foto“ gepostet, um den Bau der Ampelanlage zu dokumentieren.
Auf dem „Vorher-Foto“ war eine Menschenmenge zu sehen, in der ein Ehepaar deutlich zu erkennen war. Als der Ehemann davon Kenntnis erlangte, forderte er den Kläger auf, dieses Foto zu löschen, weil er in die Veröffentlichung nicht eingewilligt habe.
Der Vorsitzende des Klägers antwortete, dass das Foto zu Beginn der Umbauarbeiten vor vier Jahren bereits veröffentlicht wurde und im Jahr 2018 lediglich erneut auf Facebook veröffentlicht worden ist, um einen „Vorher-Nachher-Vergleich“ aufzuzeigen und so die Entwicklung des Ampelbaus zu dokumentieren.
Die Personen, die auf dem Bild abgebildet sind, seien auch nicht besonders hervorgehoben. Er kündigte trotzdem an, das Foto zu löschen. Zusätzlich beschwerte sich das abgebildete Ehepaar bei der Aufsichtsbehörde, die den Kläger nach Durchführung eines aufsichtsbehördlichen Prüfungsverfahrens verwarnte. Dagegen erhob der Vorsitzende der Partei Klage.
Das Verwaltungsgericht (VG) Hannover wies die Klage der Partei ab (VG Hannover, Urteil vom 27. November 2019, Az. 10 A 820/19). Daraufhin legte der Kläger Berufung ein, die das OVG Lüneburg nun auch ablehnte (OVG Lüneburg, Beschluss vom 19.01.2021, 11 LA 16/20).
Rechtmäßige Datenverarbeitung nach der DSGVO
Die DSGVO regelt die Voraussetzungen, unter denen personenbezogene Daten rechtmäßig verarbeitet werden dürfen. Die Veröffentlichung eines Fotos auf Facebook ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten der abgebildeten Personen i.S.d Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Nummern 1 und 2 DSGVO.
Diese Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn eine der in Art. 6 Abs. 1 DSGVO genannten Bedingungen erfüllt ist. Nach lit. f können berechtige Interessen eine Verarbeitung rechtfertigen. Der Kläger trägt vor, dass solche berechtigten Parteiinteressen eine Veröffentlichung des Fotos hier rechtfertigen.
Unter dem Begriff der berechtigten Interessen i.S.d. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO sind „die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person“ (siehe Erwägungsgrund 47 DS-GVO), also sämtliche rechtlichen, wirtschaftlichen oder ideellen Interessen zu verstehen (vgl. Frenzel, in: Paal/Pauly, DS-GVO/BDSG, 3. Aufl. 2021, Art. 6 DS-GVO, Rn. 28).
Vorliegend diene die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos auf der Fanpage bei Facebook dazu, über die parteipolitischen Aktivitäten des Klägers und ihre Erfolge zu informieren und damit - jedenfalls mittelbar - auch an der politischen Willensbildung des Volkes nach Art. 21 GG iVm § 1 PartG mitzuwirken. Dieses Anliegen stelle ein berechtigtes Interesse i.S.d. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO dar, entschied das VG Hannover.
Allerdings verneint das Gericht die Voraussetzung der Erforderlichkeit der Veröffentlichung des Fotos. Die Erforderlichkeit ist zu bejahen, wenn der Zweck der Verarbeitung nicht in zumutbarer Weise durch andere Mittel erreicht werden kann.
Dafür ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, die die jeweils einander gegenüberstehenden Rechte und Interessen einzelfallbezogen beurteilt. Sich gegenüber stehen der datenrechtliche Schutz einschließlich der für die Betroffenen mit der Datenverarbeitung verbundenen Risiken und das Veröffentlichungsinteresse des Ortsvereines.
Gerade die sozialen Netzwerke sind mit einem erheblichen Missbrauchsrisiko für die Betroffenen verbunden. Diese Risiken ergeben sich primär daraus, dass ein einmal im Internet veröffentlichtes Foto beliebig oft und von einer unbestimmten Vielzahl von Personen gespeichert, vervielfältigt und an andere Personen übermittelt werden kann.
Zur Wahrung des Veröffentlichungsinteresses des Klägers komme es hingegen nicht darauf an, dass gerade die Eheleute als solche in einem spezifischen Kontext zur politischen Tätigkeit des Klägers gesetzt würden. Ausreichend wäre es auch gewesen, wenn er die abgebildeten Personen unkenntlich gemacht hätte, meint das Gericht. Dem Kläger sei es nur darum gegangen, zu zeigen, dass das Thema eine größere Anzahl von Personen interessiere und über ihre parteipolitischen Aktivitäten und Erfolge zu berichten.
Das Gericht bezog noch ein weiteres Kriterium in die Interessenabwägung mit ein. Das Foto wurde nämlich bereits ohne Kenntnis der Eheleute aufgenommen. Sie hatten schon zum Zeitpunkt der Datenerhebung keinerlei Kontrolle über ihre Daten und konnten sich bis zur Kenntniserlangung über die streitgegenständliche, erst vier Jahre nach Erstellung des Fotos erfolgte Veröffentlichung nicht gegen die (weitere) Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten wehren.
Insgesamt war die Veröffentlichung des Fotos nicht zur Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabenerfüllung durch den Kläger erforderlich, bestätigte auch die Berufungsinstanz.
Anforderungen des Kunsturhebergesetzes
Der Kläger trägt außerdem vor, dass eine Veröffentlichung des Fotos nach den §§ 22, 23 KUG gerechtfertigt sei. Die Anwendung des Kunsturhebergesetzes ergäbe sich vorliegend aus der fehlenden Anwendbarkeit der DSGVO. Nach Art. 85 DSGVO kann nämlich von den Grundsätzen der Verarbeitung von Daten, wenn sie zu journalistischen Zwecken erfolgt, abgewichen werden. Der Kläger trägt vor, dass er vorliegend auch meinungsbildende Tätigkeiten mit seinem Post verfolge. In Kombination der Bilder und der Texte hätten diese Informationen einen redaktionellen Inhalt.
Das sah das OVG jedoch anders. Die Vorinstanz habe ausgeführt und ausführlich begründet, dass die Voraussetzungen der §§ 22, 23 KUG nicht vorliegen, die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos also auch nicht nach §§ 22, 23 KUG gerechtfertigt war. Die Anwendungsfrage des KUG war daher nicht entscheidungsrelevant.
Vor dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung richtete sich die Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung von Fotos nach den §§ 22, 23 KUG. Danach dürfen Bildnisse nur mit der Einwilligung des Abgebildeten oder unter den in § 23 KUG genannten Voraussetzungen verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.
Seit dem 25. Mai 2018 gilt jedoch die Datenschutz-Grundverordnung in allen Mitgliedstaaten unmittelbar und ihr kommt gegenüber nationalen Rechtsvorschriften grundsätzlich Anwendungsvorrang zu. Die Mitgliedstaaten dürfen grundsätzlich Abweichungen von Art. 6 DSGVO vorsehen, wenn dies erforderlich ist, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen. Dies gilt für journalistische, künstlerische und literarische Tätigkeiten als einen Bereich der geschützten Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit.
Das OVG bestätigte in seinem Schlusssatz nochmal das Urteil der Vorinstanz. Auch die Wahrnehmung der nach der Verfassung zugewiesenen Aufgaben der Partei bei der Veröffentlichung des Posts reichen nicht aus, um die Veröffentlichung eines Fotos auf einer Fanpage bei Facebook zu legitimieren, auf dem Personen identifizierbar sind, die in die Veröffentlichung nicht eingewilligt haben.
© April 2021, Linda Römer, Stefan Müller-Römer