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UPDATE zur Causa Lenard und der Google-Fonts-Abmahnwelle

Dass die Google-Fonts-Abmahnungen von der Kanzlei Kilian Lenard unserer Rechtsauffassung nach rechtsmissbräuchlich sind, haben wir Ihnen bereits ausführlich in unserem Artikel im September 2022 erläutert.

Nun hat auch das AG Ludwigsburg mit Urteil vom 28.02.2023 (Az.: 8 C 1361/22) zutreffend entschieden, dass das Verschicken der mindestens 217.540 Google-Fonts-Abmahnungen im Zeitraum vom 14.09.2022 bis 20.10.2022 rechtsmissbräuchlich gewesen ist, weil das Interesse an einer Einnahmeerzielung im Vordergrund gestanden hat und nicht etwa, wie von der Gegenseite behauptet, die Erzeugung von Aufmerksamkeit für das Thema Google-Fonts.

Die Klägerin, die ebenfalls eine Google-Fonts-Abmahnung von der Kanzlei Lenard erhielt, erhob zunächst negative Feststellungsklage, mit dem Antrag festzustellen, dass dem Beklagten, Herrn Ismail, kein Anspruch auf Unterlassung und Schmerzensgeld wegen einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts aufgrund der Einbindung von Google-Fonts auf der Website der Klägerin zusteht.

Daraufhin erhob der Beklagte Widerklage auf Unterlassung sowie auf Zahlung von Schmerzensgeld und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Hierüber verhandelte das AG Ludwigsburg sodann und kam zu dem Ergebnis, dass Herr Ismail als Widerkläger gegen die Widerbeklagte (ursprünglich Klägerin und Abgemahnte) keinen Anspruch auf Unterlassung gemäß § 823 Abs. 1 in Verbindung mit § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog und auf Schadensersatz gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen der dynamischen Einbindung von Google-Fonts auf der Website der Widerbeklagten hat, weil diesen Ansprüchen der Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB entgegenstehe.

Dabei griff das AG Ludwigsburg auf die Wertungen von § 8c UWG zurück, obwohl die Vorschriften aus dem UWG mangels Wettbewerbsverhältnis der Parteien zueinander keine direkte Anwendung finden.

Allerdings sei der Rechtsgedanke von § 8c UWG auch im Rahmen des § 242 BGB zu berücksichtigen.  Danach ist eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung anzunehmen, wenn das Interesse an der Einnahmeerzielung und der Kostenbelastung im Vordergrund steht.

Zu dieser Annahme gelangte das Gericht:

  1. Für das vordergründige Motiv der Einnahmeerzielung spreche zunächst, dass es sich bei den mindestens 540 verschickten Google-Fonts-Abmahnungen im Zeitraum vom 14.09.2022 bis 20.10.2022 nicht um klassische Abmahnungen handelt, weil die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht verlangt wurde. Zur Abgeltung der datenschutzrechtlichen Ansprüche wurde lediglich eine Vergleichszahlung in Höhe von 170,- € gefordert.

  1. Weiter handelt rechtsmissbräuchlich, wer sich seinen Unterlassungsanspruch „abkaufen“ lasse. Indem der Widerkläger in seinen Abmahnungen angeboten hatte, im Falle einer unverzüglichen Beendigung des Verstoßes und einer Zahlung von 170,- €, die Sache auf sich beruhen zu lassen, kommt zum Ausdruck, dass die Einnahmeerzielung im Vordergrund steht.

  1. Zudem spreche für das Einnahmeerzielungsinteresse des Widerklägers, dass er seine Ansprüche nach Versenden der Abmahnungen nicht mehr weiterverfolgt hat, obwohl von den mindestens 217.540 Abgemahnten lediglich 2.418 gezahlt haben. Der Widerkläger ist immer erst dann tätig geworden, wenn gegen ihn eine negative Feststellungsklage erhoben wurden.

  1. Schließlich spreche für eine rechtsmissbräuchliche Ausübung auch, dass unter Berücksichtigung des Umfangs der Aktion und des Kostenrisikos sowohl auf Seiten des Widerklägers als auch auf Seiten seines Vertreters, Rechtsanwalt Kilian Lenard anzunehmen sei, dass eine Teilung des erwirtschafteten Gewinns vereinbart war.

Das Urteil des AG Ludwigsburg bestätigt demnach unsere Rechtsauffassung hinsichtlich der versendeten Google-Fonts-Abmahnungen der Rechtsanwaltskanzlei Kilian Lenard.

Wer rechtsmissbräuchlich Massenabmahnungen versendet, hat keinen Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO.

Nichtsdestotrotz sollten Sie für eine datenschutzkonforme Einbindung der Google Fonts auf Ihrer Website sorgen, da im Falle einer tatsächlich erfolgten und nachgewiesenen Rechtsverletzung Unterlassungs- und evtl. sogar Schadensersatzansprüche bestehen.

Ob im konkreten Fall nämlich tatsächlich eine Rechtsverletzung durch die Weiterleitung der IP-Adresse des Herrn Ismail in die USA vorlag, prüfte das AG Ludwigsburg nicht.

Ebenso konnte nach Auffassung des Gerichts dahinstehen, ob beim Aufruf einer Website mittels eines Webcrawlers überhaupt ein Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO besteht.

Bei Fragen, wenden Sie sich an uns. Wir beraten Sie schnell und unkompliziert und helfen Ihnen gerne dabei, Ihre Website rechtssicher zu gestalten.

© Stefan Müller-Römer, Nadine Krischick, April 2023

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