Plagiat bei Comic-Zeichnung - Urheberrechtsschutz für „Katze NÖ“
In seinem Urteil vom 13.02.2025 (Az. 11 U 10/23) hat das Oberlandesgericht Frankfurt einer Urheberin umfassenden Rechtsschutz für ihre Comic-Zeichnung „Katze NÖ“ zugesprochen.
Gegenstand des Rechtsstreits war eine von der Klägerin entworfene Comic-Katze, die auf ihrer linken Körperhälfte liegt, dem Betrachter den Rücken zuwendet und eine Pfote mit ausgestrecktem „Mittelfinger“ erhebt – begleitet vom prägnanten Schriftzug „NÖ“. Die Zeichnung wurde zunächst ohne kommerzielle Absicht erstellt und später über eine Print-on-Demand-Plattform vertrieben.
Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) bis 4) sind, hatte das Motiv in nahezu identischer Form für Produkte wie Tassen, Fußmatten und weitere Artikel verwendet. Teilweise wurden andere Texte verwendet, das zentrale grafische Bildelement blieb jedoch erhalten. Die Beklagten beriefen sich auf eine angeblich eigenständige Schöpfung durch eine interne Designerin – eine sogenannte Doppelschöpfung.
Eine Doppelschöpfung liegt nur dann vor, wenn mehrere Urheber unabhängig voneinander übereinstimmende Werke geschaffen haben, ohne dass der eine bewusst oder unbewusst auf das Werk des anderen zurückgegriffen hat. Solche Konstellationen sind vor allem im Bereich einfacher, naheliegender Gestaltung denkbar.
Das OLG Frankfurt wies das Argument der Doppelschöpfung allerdings zurück. Die Abweichungen zwischen dem Original und dem streitgegenständlichen Motiv seien gering und beträfen lediglich unwesentliche Details wie etwa die Strichführung oder die Form des Katzenschwanzes. Entscheidend sei die konkrete Ausdrucksform des Werkes, nicht die abstrakte Idee – etwa, eine Katze mit Abwehrhaltung darzustellen. Die Kombination einer niedlich stilisierten Katze mit einer eindeutigen Abwehrgeste sei originell und urheberrechtlich schutzfähig im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG.
Die erforderliche Originalität könne hier darin gesehen werden, dass die zentrale Bildaussage – die dem Betrachter eine Abwehrhaltung vermitteln soll – durch die Kombination einer nur konturenhaft dargestellten und als niedlich empfundenen Katzenfigur mit einer konkret dargestellten, als negativ empfundenen Gestik visualisiert wird.
Auch wenn Katzenmotive weit verbreitet seien, hebe sich das konkrete Motiv der Klägerin deutlich von bekannten Figuren wie „Garfield“ ab.
Das Gericht lehnte das Vorliegen einer Doppelschöpfung ab, da die nahezu identische Linienführung, Gestaltung und Positionierung des „NÖ“-Schriftzuges stark für eine bewusste oder zumindest unbewusste Übernahme spreche.
Gegenstand des Urheberrechts seien die individuellen Züge eines Werkes. Je stärker die Individualität des Schöpfers im Werk zum Ausdruck komme, desto größer sei der Schutzumfang.
Es handele sich bei der Darstellung der Klägerin um eine eigenständige Interpretation mit wiedererkennbarem Stil. Zudem belegten weitere, vorgelegte Zeichnungen der Klägerin eine stringente, persönliche künstlerische Handschrift – charakterisiert durch eine klare Konturführung, prägnante Formen und eine stilistisch konsistente Ausarbeitung.
Auf Grundlage dieser Erwägungen sprach das OLG Frankfurt der Klägerin umfassende Ansprüche auf Unterlassung der weiteren Nutzung des streitgegenständlichen Motivs, Auskunft über Verkaufszahlen und Vertriebswege, Schadensersatz sowie Vernichtung der betroffenen Produkte zu.
Besondere Bedeutung maß das Gericht zudem der Sorgfaltspflicht im gewerblichen Unternehmen bei, wenn es um die Nutzung der Werke Dritter geht, sich über bestehende Rechte umfassend zu informieren. Dies treffe auch auf die Geschäftsführer der Beklagten zu 1) zu, da sie nach den Feststellungen des Gerichts die Verantwortung dafür übernommen hatten, dass die veröffentlichten Designs keine Schutzrechte Dritter verletzen.
© Mai 2025, Svea Klinger, Stefan Müller-Römer