Offene Wlan-Netze: Abschaffung der Störerhaftung
Der Gesetzgeber hat sich auf eine Novellierung des Telemediengesetzes (TMG) verständigt. Ziel dieser Novellierung ist die Abschaffung der Störerhaftung. Die Formulierung des zukünftigen Gesetzestextes zeigt allerdings, dass in der Praxis Restrisiken für die Betreiber von Wlan-Netzen bleiben.
Der Gesetzentwurf sieht eine Änderung des § 8 TMG vor, der die Haftungsverantwortlichkeit von Access-Providern regelt. Ein neuer Absatz (Abs. 3) soll wie folgt lauten:
„Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Diensteanbieter nach Absatz 1, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen.“
Das bedeutet, dass auch Privatpersonen, die ihr Wlan für andere öffnen, nicht für von diesen Nutzern begangene Rechtsverletzungen haften. Der § 8 TMG sieht dies schon lange genauso für Internetanbieter wie Vodafone oder Telekom vor.
Im novellierten Gesetzestext findet sich allerdings weder etwas zur Störerhaftung, noch zu verschuldensunabhängigen Unterlassungsansprüchen. Dies erscheint, zum einen aufgrund des genannten Ziels der Gesetzesnovellierung, namentlich der Abschaffung der Störerhaftung und zum anderen aufgrund der Tatsache, dass der BGH entschieden hat, dass § 8 TMG grundsätzlich nur für Schadensersatzansprüche gilt, problematisch.
Erst in der Gesetzesbegründung zur Novellierung nimmt die Bundesregierung hierzu Stellung und weitet den Tatbestand des § 8 TMG auch auf die Störerhaftung bzw. auf etwaige Unterlassungsansprüche aus:
„Die Haftungsprivilegierung des Diensteanbieters nach § 8 Absatz 1 und 2 umfasst z.B. uneingeschränkt auch die verschuldensunabhängige Haftung im Zivilrecht nach der sog. Störerhaftung und steht daher nicht nur einer Verurteilung des Vermittlers zur Zahlung von Schadenersatz, sondern auch seiner Verurteilung zur Tragung der Abmahnkosten und der gerichtlichen Kosten im Zusammenhang mit der von einem Dritten durch die Übermittlung von Informationen begangenen Rechtsverletzung entgegen“.
Dies sind zwar einerseits klare Worte. Andererseits ist zu beachten, dass Gesetzesbegründungen für die Gerichte keine bindende Wirkung haben. Die Gerichte können sie als Auslegungshilfe berücksichtigen, müssen dies aber nicht. Um für eine ausreichende Rechtssicherheit zu sorgen, wäre daher ein eindeutiger Gesetzeswortlaut wünschenswert gewesen.
Tritt das Gesetz voraussichtlich im Herbst in Kraft, liegt es daher an den Gerichten, wie zukünftig in Abmahnfällen zu entscheiden sein wird. Insbesondere wird sich die Rechtsprechung mit der Frage der sogenannten „sekundären Darlegungspflicht“ beschäftigen müssen. Denn eins steht fest: Wird über ein offenes Wlan-Netz eine Rechtsverletzung begangen, wird sich der Verletzte weiterhin zuerst an den Anschlussinhaber des Wlan-Netzes wenden. Dieser muss dann nachweisen, dass er tatsächlich einen offenen Wlan-Hotspot anbietet und die Rechtsverletzung selber nicht begangen hat. Dieser Nachweis sollte Café- oder Hotelbesitzern deutlich leichter fallen als einem privaten Anbieter. Erst wenn der Nachweis erbracht wurde, kann sich auch der Private auf die Haftungsprivilegierung des § 8 Abs. 3 TMG berufen.
Wer als privater Anbieter juristischen Ärger vermeiden will, sollte sich daher besser bei den Freifunkern anmelden oder zusätzlich zum eigenen ein zweites, offenes Netzwerk freischalten.
Der gewerbliche Rechtsschutz gehört zu den Schwerpunkten unserer anwaltlichen Tätigkeit. Sollten Sie eine Abmahnung erhalten haben oder in ihrem Recht verletzt worden sein, beraten wir Sie gerne.
© Stefan Müller-Römer, Alexander Fallenstein, Mai 2016, alle Rechte vorbehalten