+49 (0) 221 - 290270-40
info@medienrechtsanwaelte.de

Kontroverse Entscheidung des LG Köln zur Werbekennzeichnung von Tap Tags

Nachdem es in den letzten Jahren häufiger zu Klagen gegen Influencer gekommen war, denen Schleichwerbung und eine unzureichende Kennzeichnung von werblichen Postings vorgeworfen wurde, kam das Landgericht Köln im Fall einer Influencerin am 14.09.2021 zu einem Urteil, das sich grundlegend von den Urteilen des BGH in ähnlichen Fällen unterscheidet.

Während der BGH zur Kennzeichnungspflicht von „Tap Tags“ befand, dass eine Kennzeichnung grundsätzlich nur erforderlich sei, wenn Influencer für die Erwähnung einer Marke auf ihrem Profil eine Gegenleistung erhielten, vertritt das LG Köln die Auffassung, dass eine geschäftliche Handlung bereits dann vorliege, wenn durch die Produktvorstellung in einem Post Unternehmensinteressen mittelbar gefördert würden.

In dem Fall vor dem Kölner Landgericht hatte eine Influencerin mehrere Unternehmen in zwei ihrer Beiträge mittels „Tap Tags“ verlinkt, um damit auf die Herkunft ihrer getragenen Kleidung hinzuweisen. Die Klägerin forderte die Beklagte daraufhin auf, das Taggen von Unternehmen mit fehlender Kennzeichnung als Werbung zu unterlassen.
Die abgemahnte Managerin der Influencerin, die im Impressum stand, verweigerte die Abgabe einer Unterlassungserklärung, mit der Begründung, dass alle getragenen und verlinkten Kleidungsstücke selbst von der Influencerin erworben und keine Gegenleistungen von den markierten Firmen entgegengenommen worden seien.

Das LG Köln gibt der Klägerin jedoch Recht und erklärt, dass beim „Influencen“ meist die Förderung von Absätzen und nicht die bloße Informationsübermittlung im Vordergrund stehe.

Dafür stellte das Gericht zunächst das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung anhand verschiedener Indizien fest.
Fehle es nämlich wie im vorliegenden Fall an dem Nachweis einer Entgeltzahlung, komme es darauf an, ob eine Veröffentlichung vorwiegend der Information oder vorwiegend der Förderung von Absatzzwecken diene. Gerade im Bereich des Influencerhandelns werde dies anhand von Indizien bestimmt. Diese Indizien können die hohe Followerzahl der Influencerin (hier 1.9 Mio.) sein sowie die in ein Foto eingebetteten Tags mit Verlinkungen zu Herstellerseiten.
Die beiden streitgegenständlichen Postings erfüllen laut dem Gericht die Unlauterkeitskriterien des § 5a Abs. 6 UWG, da sie eine kommerzielle Zwecksetzung vermuten lassen und die unterlassene Kennzeichnung eine erhebliche Bedeutung für die Kaufentscheidungen der Rezipienten habe.

Das Gericht argumentiert, dass die Beklagte durch die Nennung der Hersteller nicht nur die Firmen selbst, sondern auch ihr eigenes Gewerbe als potenziellen Werbepartner fördere.
Insgesamt hätten die streitgegenständlichen Postings daher als Werbung gekennzeichnet werden müssen, auch wenn zwischen der Influencerin und den jeweiligen Unternehmen zu dem Zeitpunkt der Veröffentlichung keine Kooperation stattgefunden habe.

Auch die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 09.09.2021 - I ZR 90/20, 125/20 und 126/20 sollen nichts an dieser Einschätzung ändern. Das Fehlen einer Gegenleistung sei zwar ein maßgebliches Kriterium für die Verneinung eines kommerziellen Zwecks. Dies entbinde das Tatgericht jedoch nicht von einer Würdigung der Postings dahingehend, ob ein werblicher Überschuss bestehe.

Abschließend betont das LG Köln noch, dass Verbraucher vor einer Irreführung bezüglich der eigentlichen Motivation hinter einem Posting geschützt werden müssen und deshalb klare Transparenz bei der Produktvorstellung auf sozialen Internetplattformen herrschen müsse. Es sei zu vermeiden, dass Instagram-User den Äußerungen ihrer Vorbilder stets einen authentischen Wert beimessen, obwohl der Werbecharakter ihrer Aussagen häufig überwiegt.
Die Entscheidung des LG Köln dürfte aufgrund der jüngsten BGH-Entscheidungen kritisch zu betrachten sein. Es bleibt abzuwarten, ob gegen die Entscheidung Berufung eingelegt wurde und ob die Entscheidung angesichts der BGH-Entscheidungen Bestand haben wird.

Diese Entscheidung zeigt jedenfalls, dass es immer noch große Rechtsunsicherheiten zu Kennzeichnungspflichten im Influencer-Marketing gibt.

© März 2022, Annika Wurzer, Nadine Krischick, Stefan Müller-Römer

Zurück


© 2022 Müller-Römer Rechtsanwälte