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Fliegender Gerichtsstand bei Rechtsverletzungen im Onlinebereich abgeschafft

Das LG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 15.01.2021 entschieden, dass die Grundsätze zum fliegenden Gerichtsstand bei Rechtsverletzungen im Netz auch nach der Änderung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 02.12.2020 weiterhin gelten sollen und stellte sich damit gegen die Neuregelung, die den fliegenden Gerichtsstand nur noch eingeschränkt zulässt.

Regelungen zum Gerichtsstand

Dreh- und Angelpunkt ist die Frage nach der Wahl des richtigen Gerichtsstandes. Denn das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb enthält seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbes im Dezember 2020 diesbezüglich Änderungen.

Die sachliche und örtliche Zuständigkeit bei Streitigkeiten im Bereich des UWG regelt § 14 UWG.

Bis dato galt nach § 14 UWG a.F (= alte Fassung) der fliegende Gerichtsstand für Klagen nach dem UWG. Dies führte in der Praxis dazu, dass hauptsächlich Gerichte, denen eine gewisse Kompetenz in diesem Bereich nachgesagt wurde, mit solchen Streitigkeiten befasst waren- unabhängig davon, wie weit sie vom Wohnsitz der Beteiligten entfernt waren.

Dadurch konnten außerdem Abmahnvereine, die in großem Stil abmahnten, überall in Deutschland klagen. Das wollte der Gesetzgeber vermeiden und Klagen dort anhängig sehen, wo der Beklagte wohnt bzw. seinen Sitz hat.

Daher gab es Neuerungen hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit. An der sachlichen Zuständigkeit der Landgerichte für solche Verfahren ändert sich nichts.

Für die Durchsetzung von Ansprüchen nach dem UWG wegen einer Rechtsverletzung mit Internetbezug bestehen nach Änderung des § 14 UWG verschiedene Möglichkeiten zur Wahl des Gerichtsortes.

Wahl des Gerichtsortes

Zunächst kann man nach § 14 Absatz 2 Satz 1 UWG am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten bzw. Antragsgegners klagen. Das ist bei einer natürlichen Person der Wohnsitz, bei einer juristischen Person ihr Unternehmenssitz.

Ebenfalls zuständig ist auch das Gericht des Begehungsortes nach § 14 Absatz 2 Satz 2 UWG. Diese Regelung wurde bisher zur Begründung des fliegenden Gerichtsstands herangezogen für Rechtsverletzungen mit Internetbezug. Solche Rechtsverletzungen können unabhängig vom Standort von jedem Computer, Smartphone oder Tablet begangen werden. Daher war regelmäßig die örtliche Zuständigkeit jedes Landgerichtes in Deutschland begründet.  

Von dieser Regelung gibt es nun allerdings Ausnahmen. Denn nach § 14 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 UWG soll dies gerade nicht mehr bei Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien gelten.

Rechtsstreit über die örtliche Zuständigkeit des Gerichtes

In dem o.g. Verfahren rügte die Antragsgegnerin mit einer sofortigen Beschwerde die Entscheidung des LG Düsseldorf, weil sie es für unzuständig hielt.

Die Beschwerde lehnte die nächsthöhere Instanz mit Beschluss vom 16.02.2021 (Az. I-20 W 11/21) ab, weil die sofortige Beschwerde nicht das richtige Rechtsmittel gegen die Entscheidung sei. Aber die Begründung des LG zur örtlichen Zuständigkeit hielt das OLG Düsseldorf trotzdem für fehlerhaft.

Hintergrund des Rechtsstreits war eine Abmahnung der Antragstellerin wegen irreführender Werbung durch die Antragsgegnerin. Die Werbung wurde sowohl in Fernsehspots und im Internet veröffentlicht als auch in einer Printanzeige abgedruckt.

Daher wählte die Antragstellerin nach § 14 Absatz 2 Satz 2 UWG das Landgericht am Ort der Zuwiderhandlung. Das LG Düsseldorf begründete seine Zuständigkeit mit § 14 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 UWG.

„Der danach gegebene Gerichtsstand des Begehungsortes ist nicht nach § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG ausgeschlossen. Dieser Ausnahmetatbestand umfasst entgegen seinem (insoweit missverständlichen) Wortlaut nicht jegliches unlautere Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien, sondern ist seinem Sinn und Zweck nach beschränkt auf solche Zuwiderhandlungen, bei denen der geltend gemachte Rechtsverstoß tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien anknüpft.“

Die Regelung, die den fliegenden Gerichtsstand für Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien ausschließt, erfasse nur Verstöße gegen internetspezifische Kennzeichnungsvorschriften. Hier lag jedoch zusätzlich ein Verstoß in einem Printmedium vor. Das LG Düsseldorf hielt den fliegenden Gerichtsstand daher trotz Gesetzesänderung weiterhin für anwendbar. Denn die Beschränkung des Gesetzes sah das Gericht auf Fälle begrenzt, in denen ausschließlich internetspezifische Wettbewerbsverstöße geltend gemacht wurden.

Das OLG Düsseldorf führt nun aus, dass die Beschränkung des § 14 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 UWG auf Verletzungen von Informations- und Kennzeichnungspflichten im Gesetzestext gerade keinen Niederschlag gefunden habe und das LG dies verkenne. Dies sei im Gesetzgebungsverfahren diskutiert worden und bewusst nicht ins Gesetz aufgenommen. Damit lehnte es die Auslegung des LG Düsseldorf ab.

Durch die Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes mag missbräuchlichen Abmahnern entgegen gewirkt werden, was zu begrüßen ist. Allerdings hat der Gesetzgeber nicht beachtet, dass es durchaus sinnvoll sein kann, Gerichte mit Streitigkeiten zu beauftragen, die bereits über eine gewisse Expertise verfügen.

© Juni 2021, Linda Römer, Stefan Müller-Römer

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