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Facebook-Accounts sind vererbbar

Am 05. Juli 2018 entschied der BGH darüber, dass die Erben eines Verstorbenen Anspruch auf Zugang zu dessen Facebook-Account haben. Damit stellt der BGH den digitalen Nachlass dem analogen Nachlass gleich und hebt das Urteil des KG Berlin vom 31. Mai 2017 (Az.: 21 U 9/16) auf.

 Die Mutter einer 15-Jährigen hatte gegen Facebook geklagt, da Facebook es ablehnte, ihr den Zugang zum Facebook-Konto ihrer verstorbenen Tochter zu ermöglichen. Die Tochter war aus ungeklärten Umständen tödlich verunglückt, indem sie an einem U-Bahnhof von einer einfahrenden U-Bahn erfasst wurde. Die Eltern erhofften sich im Facebook-Konto ihrer Tochter Hinweise zum Tod ihrer Tochter zu erhalten für den Fall, dass es sich um einen Suizid handelte. Ein Zugriff auf das Konto war den Eltern jedoch nicht möglich, obwohl ihnen die Zugangsdaten zum Konto von ihrer Tochter überlassen worden waren. Facebook hatte das Konto der Verstorbenen in den sog. Gedenkzustand versetzt, womit ein Zugang mit den alten Kontozugangsdaten nicht mehr möglich war.

 Zunächst stellt der BGH klar, dass auch Verträge über die Einrichtung und Nutzung von Social Media Accounts mit dem Tod der Erblasser gemäß § 1922 BGB auf die Erben übergehen und so von der Gesamtrechtsnachfolge umfasst sind.

Dabei sieht der BGH auch keine Gründe dafür, digitale Inhalte anders zu behandeln als analoge Inhalte, weil das entscheidende Kriterium der Höchstpersönlichkeit bei beiden gleichermaßen betroffen ist.

 Auch enthielten die AGB von Facebook keine Regelungen über die Vererblichkeit von Rechtsverhältnissen. Die Regelungen über den Gedenkzustand befanden sich nur im Hilfebereich des sozialen Netzwerks, ohne dass in den Nutzungsbedingungen bei Vertragsabschluss auf diese Bezug genommen wurde. Dadurch waren die Regelungen nicht Bestandteil des Vertrages zwischen Facebook und der verstorbenen Tochter geworden.

Außerdem hielten diese Regelungen nach Auffassung des BGH ohnehin der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, weil sie dem Grundgedanken des § 1922 BGB widersprechen, der vorsieht, dass das gesamte Vermögen auf den Erben übergeht.

 Ferner kritisiert der BGH mit seiner Entscheidung die vom KG Berlin vertretene Auffassung, dass das Fernmeldegeheimnis der Gewährung des Zugangs zum Benutzerkonto der Verstorbenen entgegenstehen würde. 

Der BGH dagegen vertritt die Ansicht, dass die Zugangsgewährung für den Erben im Rahmen des durch das Fernmeldegeheimnis geschützten Kommunikationsvorgangs erfolge, weil der Erbe mit dem Tod des ursprünglichen Kontoberechtigten als neuer Vertragspartner und Kontoberechtigter zum Teilnehmer der für das Benutzerkonto fortlaufenden Kommunikationsvorgänge wird und demnach kein „anderer“ im Sinne des § 88 Abs. 3 TKG ist; denn er tritt - aus rechtlicher Sicht - an die Stelle des Erblassers.

 Auch datenschutzrechtliche Regelungen standen dem Anspruch der Eltern auf Zugang zum Facebook-Account ihrer Tochter nicht entgegen, weil die Datenschutzgrundverordnung sich nur auf lebende natürliche Personen beziehe.

Darüber hinaus sei die Freigabe der Daten an die Eltern als Erben der verstorbenen Tochter nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DSGVO aufgrund berechtigten Interesses zulässig.

 Facebook muss den Eltern somit den Zugang zum Konto ihrer verstorbenen Tochter sowie den darin enthaltenen Inhalten gewähren.

 Falls Sie Hilfe bei erbrechtlichen Fragestellungen benötigen, wenden Sie sich gerne an uns.

 © Nadine Krischick und Stefan Müller-Römer, Februar 2020, Alle Rechte vorbehalten.

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