El Hotzo und der RBB – Das Attentat auf Trump oder die Verharmlosung der eigentlichen Extremisten durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Sebastian Hotz (Künstlername El Hotzo) ist ein Satiriker und Gag-Schreiber. El Hotzo ist in der Comedy-Szene und besonders in den sozialen Medien bekannt. Er hatte nach dem Attentat auf Trump in einem Post auf X (ehemals Twitter) getweetet:
„Den letzten Bus/Donald Trump – leider knapp verpasst“.
Darunter noch ein Kommentar von El Hotzo: „Ich finde es absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben.“
Darüber echauffierte sich dann nicht nur der rechte Mob in unserem Land, der mit Hetzern wie Trump oder Kriegsverbrechern bzw. Massenmördern wie Putin natürlich kein Problem hat, sondern erstaunlicherweise auch der selbst immer sehr verbal aggressiv auftretende FDP-Lautsprecher Kubicki.
Man kann darüber streiten, ob der Gag „leider knapp verpasst“ originell oder eher geschmacklos ist. Aber man kann nicht darüber streiten, dass es offensichtlich Satire ist.
Der Gag war in jeder Hinsicht völlig harmlos, also ethisch, medienrechtlich und strafrechtlich. Auch der Kommentar zum Sterben von Faschisten ist nicht zu beanstanden, weil er sich natürlich darüber freuen darf, wenn Faschisten sterben.
Dass eine Welt ohne Trump besser wäre und weniger Menschen als Folge seiner faschistoiden Hetzerei schwer verletzt würden oder zu Tode kämen, dürfte vor dem Hintergrund der in seiner Amtszeit wegen seiner Hetze verletzten oder getöteten Menschen unbestreitbar sein. Hat Trump jemals Verantwortung für die beim Kapitol-Sturm getöteten Menschen übernommen? Hat er sich jemals dafür entschuldigt? Mir ist da nichts erinnerlich.
Dennoch hat der RBB die Hörfunk-Zusammenarbeit mit El Hotzo bei „Radio Fritz“ sofort beendet, weil sein Tweet mit den Werten, für die der RBB stehe, nicht vereinbar sei.
Der Verweis auf Werte wird immer besonders gerne verwendet, wenn man keine Argumente hat. Und regelmäßig werden die vermeintlichen Werte natürlich nicht konkret erläutert.
Daher frage ich mich irritiert, welche Werte die RBB-Programmdirektorin Katrin Günther mit der Trennung von El Hotzo zu verteidigen meint. Meint sie – Achtung Ironie – den Wert von Sommerinterviews im öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit den AfD-Hetzern Höcke, Chrupalla oder Weidel? Meint sie die Ungleichbehandlung von El Hotzo im Vergleich zu Dieter Nuhr oder Lisa Eckhart, deren Aussagen auch alles andere als unumstritten sind?
Da scheinen mir beim RBB Hausjuristen am Werk zu sein, die ihr Handwerk nicht verstehen oder die RBB-Verantwortlichen haben ohne jede juristische Beratung gehandelt.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk trägt mit seiner derzeitigen naiven Ausrichtung in politischen Interviews und Talk-Runden massiv zur Verbreitung der Hetze von AfD & Kumpanen bei, ebenso übrigens im Hinblick auf das Gerede von Wagenknecht & Co.
Die mantraartig vorgetragene Rechtfertigung der Programmverantwortlichen bei ARD und ZDF lautet: Die AfD sei nicht verboten und werde von vielen gewählt, also müsse man über die berichten und auch mit denen reden.
Die entscheidende Frage stellen sich die Verantwortlichen dabei offensichtlich nicht. Sonst käme nicht das heraus, was man tagtäglich sehen kann: Wie berichtet man über die und wie redet man mit denen?
Man muss Verfassungsfeinde und Landesverräter – also die AfD-Hetzer - nicht prominent interviewen, sondern sollte sie so oft wie möglich ignorieren. Statt dessen verschafft man ihnen Aufmerksamkeit, indem man z.B. auch beim Trump-Attentat in den Tagesthemen mitteilt, was die AfD dazu gesagt hat. So tragen ARD und ZDF seit Jahren dazu bei, dass die AfD eine Aufmerksamkeit erhält, die ihr gar nicht zusteht, weil sie zum vernünftigen politischen Diskurs nichts beiträgt. Sie will dazu auch nichts beitragen, weil sie politisch außer Hetze und populistischem Geschwätz nichts anzubieten hat. Und obwohl sie nichts anbietet, wird ihr permanent Gehör geschenkt.
Die politische Karriere von Trump ist ein Musterbeispiel dafür, wo das hinführt. Eigentlich dürfte man über so eine kriminelle Figur, die auf der Landkarte vermutlich noch nicht einmal die USA finden würde, nur das Allernötigste berichten. Statt dessen wird über jede Belanglosigkeit von ihm berichtet. Durch diese Präsenz hat er 2016 die Wahl überhaupt erst gewonnen und bis heute profitiert er von der Berichterstattung über ihn.
Wenn man schon ab und zu mal jemanden von der AfD irgendwo im Fernsehen zu Wort kommen lässt, sollte man wenigstens ordentlich vorbereitete Journalisten bzw. Moderatoren haben, die diese Hetzer auch stellen. Das geschieht aber weder bei Lanz noch bei Maischberger noch sonst irgendwo. Man fasst diese Figuren immer mit Samthandschuhen an. Immer wieder lässt sich beobachten, dass die Journalisten bzw. Moderatoren fast klaglos akzeptieren, dass Fragen gar nicht beantwortet werden. Das ist auch nicht nur bei den AfDlern so, sondern auch ein Söder darf immer am Thema vorbei herumschwadronieren. Woher die Angst der Moderatoren kommt, einmal konsequent nachzufassen, erschließt sich mir nicht. Falls bestimmte Figuren, die ohnehin viel zu oft in Talk-Formaten auftauchen, nicht mehr kommen wollen würden, wäre dies eine Wohltat. Dann könnten ARD und ZDF endlich einmal Menschen einladen, die Fachkompetenz und Diskussionskultur zum jeweiligen Thema wenigstens im Ansatz mitbringen.
Statt dessen wird ein El Hotzo vom RBB vor die Tür gesetzt, der auf satirische Weise sehr explizit klar macht, was für eine unsägliche Figur der Hetzer und Kriminelle Trump ist, und damit also deutlich Stellung bezieht, wozu viel öfter deutlich Stellung bezogen werden müsste. Der RBB hat offensichtlich schon die Schere im Kopf, die der rechte Mob ohnehin permanent von ihm einfordert. Wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk weiterhin so naiv agiert, gehen wir noch viel schwereren Zeiten entgegen.
© August 2024, Stefan Müller-Römer