Eine weitere CopeCart-Entscheidung
Update zu CopeCart-Geschäftsgebaren (Abzocke bei Online-Coachings - Was hat CopeCart damit zu tun? )
Das Landgericht Berlin hat sich mit dem Urteil vom 11.02.2025 (15 O2 87/24) mit der Thematik von sog. „Dark Patterns“ im Zusammenhang mit dem Widerrufsrecht im Online-Handel auseinandergesetzt.
Die Klägerin ist der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen. Die Beklagte, die CopeCart GmbH, betreibt eine digitale Verkaufsplattform. Auf dieser können sich Anbieter als sogenannte Vendoren registrieren und über die Beklagte ihre Produkte verkaufen lassen. Auf einer ihrer Websites werden Bücher angeboten, unter anderem das Buch „Unfaire Digitale Dominanz“ für 4,95 Euro.
Die Klägerin kritisierte insbesondere, dass die CopeCart ihre Kunden nach Abgabe der Bestellung des Buches dazu zwinge, unter Zeitdruck die Annahme oder Ablehnung von hochpreisigen Zusatzangeboten zu dem gekauften Produkt zu erklären. Dies stelle eine aggressive geschäftliche Handlung in Form von unzulässiger Beeinflussung dar.
Das LG folgte der Auffassung der Klägerin. Die Klägerin hat demnach einen Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 Nr. 3 UWG gegen die Beklagte.
Das LG verurteilte die Beklagte dazu, es zu unterlassen, nach Abgabe der Kundenbestellung mit preisreduzierten Angeboten unter Zeitdruck zu werben, wenn das Angebot tatsächlich nicht auf diesen Zeitraum begrenzt ist. Gemäß Nr. 7 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ist die unwahre Behauptung, Waren seien nur zu bestimmten Bedingungen und für einen sehr begrenzten Zeitraum verfügbar, um den Käufer zu einer sofortigen geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, immer unzulässig. Der hier angebotene Countdown von 15 Minuten lässt dem Käufer nicht ausreichend Zeit, um das neu angezeigte Werbeprodukt zu prüfen. Es wird dem Käufer fälschlicherweise suggeriert, er müsse sich innerhalb dieser 15 Minuten entscheiden, obwohl das Angebot auch weiterhin verfügbar ist.
CopeCart muss es ebenso unterlassen, den Kunden nach Abschluss seiner Bestellung auf zwei weitere Websites mit Verkaufsangeboten weiterzuleiten, und seine Bestellbestätigung erst nach zweimaliger Ablehnung dieser Angebote anzuzeigen.
Mit dieser Handlung verstößt CopeCart gegen § 4 a Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3, S. 3 UWG. Wie von der Klägerin gerügt, liegt damit eine unzulässige Beeinflussung der Kaufentscheidung des Verbrauchers vor, der sich ohnehin schon in einer unterlegenen Position gegenüber CopeCart befindet. Die Verbraucher müssten so nach ihrer Bestellung, bevor sie Gewissheit bezüglich des Bestellstatus erlangen, erst noch weitere Kaufentscheidungen treffen. Das setzt die Verbraucher unter Druck und beeinflusst sie unangemessen bei ihrer geschäftlichen Entscheidung. Es handelt sich damit um eine aggressive geschäftliche und damit unlautere Handlung.
Die Beklagte muss es ebenso unterlassen, bei Fernabsatzverträgen die nachfolgende Formulierung bezüglich des Widerrufsrechts der Verbraucher zu verwenden:
„Hiermit stimme ich zu, dass CopeCart mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass ich mit Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrages mein Widerrufsrecht verliere.“
Diese Formulierung verstößt gegen § 5 Abs. 2 Fall 1 und Fall 2 Nr. 7 UWG. Sie stellt eine zur Täuschung geeignete Angabe über die Rechte des Verbrauchers aus §§ 312 ff. BGB dar. Durch die streitgegenständliche Behauptung geht der Verbraucher davon aus, dass ihm bei der Lieferung von Waren und im Speziellen des streitgegenständlichen Buches kein Widerrufsrecht mehr zusteht, sodass er von der Ausübung seines Widerrufsrechts absehen könnte.
© Juli 2025, Mavie Lenz, Stefan Müller-Römer