+49 (0) 221 - 290270-40
info@medienrechtsanwaelte.de

Die Masche der Blue GmbH

Viele kleine und mittelständische Unternehmen erhalten Werbeanrufe des „Marketingbüros“ Blue GmbH. Diese gibt vor, dem Unternehmen durch Optimierung von SEO-Maßnahmen, Google-Ads-Maßnahmen oder My-Google-Business-Einträgen zu mehr Reichweite im Internet verhelfen zu wollen. In manchen Fällen erwecken die Mitarbeiter der Blue GmbH sogar den Eindruck, bei Google direkt zu arbeiten. In den Telefonaten bleibt oft unklar, welche Dienstleistungen die Blue GmbH eigentlich genau erbringen will. Konkrete Informationen werden nicht geliefert. Die Telefongespräche werden in der Regel mit Zustimmung der Betroffenen aufgezeichnet, damit die Blue GmbH so später einen vermeintlichen Vertragsschluss nachweisen kann.

Nach dem Telefonat erhalten die Betroffenen dann eine Rechnung der Blue GmbH über die angeblich abgeschlossenen Dienstleistungen. Wird auf diese Rechnung hin nicht gezahlt, schaltet die Blue GmbH ihre Rechtsanwälte ein, die Wehrheim Rechtsanwälte. Diese beantragen für die Blue GmbH dann einen Mahnbescheid. Sollte gegen diesen nicht innerhalb von 14 Tagen Widerspruch eingelegt werden, droht den Betroffenen am Ende die Zwangsvollstreckung. Es gilt also aktiv zu werden!

Gegen diese Masche der Blue GmbH kann je nach Fallgestaltung vorgegangen werden.

Zunächst sollte die Rechnung, die von der Blue GmbH nach dem Telefonat gestellt wird, in keinem Fall bezahlt sondern zurückgewiesen werden. Am besten holen Sie sich schon zu diesem Zeitpunkt anwaltlichen Rat, damit bereits die Zurückweisung Hand und Fuß hat und die Blue GmbH weiß, dass Sie sich nicht einschüchtern lassen. Sollte die Forderung dann per Mahnbescheid weiter verfolgt werden, so sollten Sie sich spätestens jetzt rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist anwaltlichen Rat einholen.

Die Forderungen der Blue GmbH können nämlich aus rechtlichen Gründen unzulässig sein. Dies haben schon einige deutsche Gerichte so gesehen, unter anderem auch das OLG Köln, und eine Zahlungspflicht der Betroffenen verneint.

UPDATE:

Mit Urteil vom 02. Juni 2025 (noch nicht rechtskräftig) hat auch das AG Donaueschingen festgestellt, dass aus der von der Blue GmbH vorgelegten Aufzeichnung des Telefonats nicht eindeutig hervorgeht, welche konkrete Leistung die Blue GmbH verspricht:

„Aus dem Gesprächsmitschnitt geht zwar eine mögliche vorangegangene Einigung bezüglich der Vertragslaufzeit, der Höhe des Entgelts sowie der Vertragspartner hervor. Allerdings ist unklar geblieben, welche konkreten Leistungen unter dem „optimierten Google Business Eintrag“ und der „Google Ads Einrichtung“ geschuldet sein sollen. Der Leistungsumfang bleibt unklar.“ (AG Donaueschingen, Urteil v. 02.206.2025, Az.: 2 C 171/23).

Auch seien die AGB nicht wirksam einbezogen worden, so das Gericht:

„Der pauschale Hinweis in einem Telefonat, die AGB seien auf einer Webseite abrufbar, genügt hierfür nicht. Zwar behauptet die Blue GmbH, ihr Mitarbeiter habe in dem Telefongespräch auf die AGBs hingewiesen, in dem er folgendes erklärt habe: "wie gesagt, AGBs auch unter www.agb-seo.de zum Einsehen.“ Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich dabei aber nicht um eine wirksame Einbeziehung der AGBs in den Vertrag, da ein Kunde bei einem solchen Zusatz nicht in die Lage versetzt wird, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einzusehen. Es ist daher vernünftigerweise einem Geschäftspartner nicht zuzumuten, sich diese Adresse zu merken. Alleine der Umstand, dass der Anrufer über Allgemeine Geschäftsbedingungen informiert worden ist, ist nicht ausreichend. Vielmehr muss er auch die Gelegenheit haben, diese einsehen zu können. Dies ist aber in dieser Form nicht möglich. Es ist auch nicht Aufgabe des Kunden, nochmals nachzufragen, wo genau diese AGBs eingesehen werden können. Dies ist vielmehr alleine Aufgabe des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.“ (AG Donaueschingen a.a.O.).

So kann ein etwaiger Vertragsschluss schon daran scheitern, dass der Vertrag von einer Person abgeschlossen worden ist, die gar nicht hierzu befugt war, z.B. weil ihr die notwendige Vertretungsmacht fehlte. In diesem Fall wurde schon gar kein wirksamer Vertrag geschlossen, auf dessen Grundlage die Blue GmbH irgendwelche Rechnungen stellen könnte.

Außerdem kann es sein, dass die Mitarbeiter der Blue GmbH bei ihrer Telefon-Masche nicht sorgfältig genug waren: So wurde bereits in einigen von Gerichten entschiedenen Fällen das von der Blue GmbH zugesagte Dienstleistungspaket als nicht genau genug bezeichnet befunden. Der Vertrag ist dann nicht bestimmt genug, es fehlt an den sog. essentialia negotii, also den wesentlichen Bestandteilen des Vertrags. Auch in diesem Fall ist der Vertrag unwirksam und eine Rechnung der Blue GmbH entbehrt jeder Grundlage. Gerade dieser Gesichtspunkt ist die Schwachstelle der „Blue-Masche“. 

In einem von uns vertretenen Fall hat die Blue GmbH einem Bestandskunden, dessen Google-Business-Eintrag sie bereits optimiert und „stets aktuell“ gehalten hat, nach Ablauf der Vertragslaufzeit die bereits erbrachte Optimierung des Eintrages erneut verkaufen wollen. Auch das pauschale Versprechen der „Optimierung von Google Ads“ ist so inhaltsleer, dass hier keine konkrete Leistungsverpflichtung der Blue GmbH angenommen werden kann.

Auch eine Anfechtung kann je nach Fallgestaltung in Betracht kommen. Hierdurch wird der Vertrag rückwirkend beseitigt, sodass auch hier nicht auf eine Rechnung gezahlt werden braucht.

Ein Widerruf des Vertrags scheidet allerdings in den meisten Fällen aus: Regelmäßig sind die Betroffenen keine Verbraucher, sodass Ihnen nicht die privilegierten Widerrufsmöglichkeiten des Verbraucherschutzrechts zur Seite stehen.

Wir helfen Ihnen gerne bei der Abwehr unberechtigter Forderungen der Blue GmbH, egal in welchem Stadium der „Blue-Masche“ Sie sich gerade befinden. Wir helfen Ihnen sowohl bei der Zurückweisung der Rechnung, der außergerichtlichen Korrespondenz mit der Blue GmbH bzw. deren Anwälten, bei der Einlegung des Widerspruchs gegen den Mahnbescheid und bei der Führung des Gerichtsverfahrens.

Kontaktieren Sie uns hierzu gerne.

© Stefan Müller-Römer, Joshua Müller, Februar 2023

Update v. 13.06.2025 

Zurück


© 2022 Müller-Römer Rechtsanwälte