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Das „Recht auf Vergessenwerden“ greift nicht grenzenlos

Der europäische Gerichtshof (EuGH) konkretisierte sein 2014 im „Google-Urteil“ etabliertes „Recht auf Vergessenwerden“. Er entschied, dass Google nicht weltweit eine Löschung privater Informationen von Personen realisieren muss.

Mit seinem Grundsatzurteil aus dem Jahr 2014 schaffte der EuGH das „Recht auf Vergessenwerden“. Dieses Recht führt zur Einschränkung der Suchergebnisse, die nach Eingabe des Namens des jeweiligen Nutzers gefunden werden. Mit diesem Recht soll der Wichtigkeit des Daten- sowie Privatsphärenschutzes Rechnung getragen werden.

Zunächst stellt der EuGH in seinem Urteil (A.z.: C‑136/17) vom 24. September 2019 fest, dass das Verbot der Verarbeitung der besonderen Kategorien personenbezogener Daten neben Webseitenbetreibern auch für Suchmaschinenbetreiber wie Google gilt.

Eingeschlossen sind Daten über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit sowie Daten über das Gesundheits- oder Sexualleben. Zwar ist Google hier nicht für die Inhalte verantwortlich, Google hat nach Auffassung des EuGH aber Einfluss auf die Listung im Rahmen der Internetsuche und muss deswegen dafür einstehen.

Neben der Konkretisierung inhaltlicher Auslegungsfragen beschäftigte sich der EuGH in einem weiteren Urteil (A.z.: C‑507/17) vom 24. September 2019 mit der Frage der geographischen Reichweite des „Rechts auf Vergessenwerden“ ).

Dass die oben genannten Rechtsgüter besonders schutzbedürftig sind, ist ohne Zweifel. Fraglich ist aber, wie weit der Schutz im Einzelfall reicht. Als Folge der Etablierung des „Rechts auf Vergessenwerden“ besteht der Privatsphärenschutz jedenfalls in Europa.

Als es im vorliegenden Fall um die Löschung von Suchergebnissen auch außerhalb Europas ging, hatte Google auf die Beschwerde eines Betroffenen die Löschung verweigert.

Darauf reagierte die französische Datenschutzbehörde mit einer Geldstrafe in Höhe von 100.000 € zu Lasten Googles. Weil Google sich dagegen wehrte, wandte sich das französische Gericht an den EuGH. Dort unterlag die Datenschutzbehörde jedoch: Google muss nicht weltweit für die Löschung persönlicher Informationen sorgen, weil die Menschen in den Nicht-EU-Staaten unter andere Rechtssysteme fielen und man ihnen die Informationen deshalb nicht einfach vorenthalten könne.

Das EU-Recht sieht grundsätzlich keine weltweite Löschung vor. Der EuGH stellte im letztgenannten Urteil aber heraus, dass den Mitgliedstaaten durchaus die Möglichkeit des weltweiten Auslistens bleibt.

Bei jeder „Löschungsanfrage“ habe eine Abwägung stattzufinden. In bestimmten Einzelfällen, in denen die Privatsphäre des Betroffenen die allgemeine Informationsfreiheit auch global überwiegt, können die einzelnen Mitgliedstaaten Google zur weltweiten Löschung zwingen.

Insgesamt wird durch die Konkretisierung trotz der geographischen Grenze deutlich, wie wichtig ein (weitgehend) umfassender Daten- und Privatsphärenschutz in der Online-Welt für den EuGH ist Suchmaschinenbetreiber wie Google müssen also für den rechtmäßigen Umgang mit Daten und Informationen in ganz Europa sorgen. Der Nutzer kann bei einer Rechtsverletzung, aus der ein Löschungs-Anspruch resultiert, also sicher sein, im gesamten europäischen Raum Schutz zu erfahren. 

© Stefan Müller-Römer, Vivian Korneh, Oktober 2019, Alle Rechte vorbehalten

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