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Copytrack-Anschreiben: Was steckt dahinter?!

Kürzlich legte uns ein Mandant eine sogenannte „Berechtigungsanfrage“ der Copytrack GmbH vor. In dieser gab Copytrack an, die Lizenz- und Bildrechte ihres Kunden geltend zu machen. Dieser habe sie darüber informiert, dass unser Mandant ein Foto ihres Kunden „möglicherweise“ ohne Erlaubnis verwende. Über einen angefügten Link, konnte man das besagte Foto einsehen. Um weitere rechtliche Schritte zu vermeiden, sollte unser Mandant Copytrack innerhalb einer kurzen Frist mitteilen, ob er eine Lizenz für das verwendete Bild besitzt. Sollte unser Mandant keine Lizenz besitzen, bestünden zwei Optionen zur „Lösung des Falles“. Entweder der Erwerb einer nachträglichen Bildlizenz zu einem Preis von 389,59 € oder eine Schadensersatzzahlung in Höhe von 350,00 €.

Tatsächlich hatte unser Mandant das besagte Foto auf seiner Website veröffentlicht. Und es trifft auch zu, dass er niemals eine Bildlizenz für dieses Foto erworben hatte. Dies ist allerdings nur dem Umstand geschuldet, dass unser Mandant selbst der Urheber des Fotos ist. Als professioneller Fotograf veröffentlichte er einfach sein eigenes Foto auf seiner Website.

Wie kommt die Copytrack darauf, unserem Mandanten zu unterstellen, fremde Bilder ohne Lizenz zu nutzen? Diese Frage veranlasste uns zu recherchieren, wer Copytrack ist und welche Erfahrungen Betroffene gemacht haben.

Auf ihrer Website bezeichnet Copytrack sich selbst als „eine Art Bildersuchmaschine, welche sich für Rechte von Urhebern im Internet einsetzt“. Copytrack wirbt damit, dass sie mit ihrer „kostenlosen“ App herausfinden könne, ob Bilder ihrer Kunden unzulässigerweise verwendet werden. Anschließend würde sie sich mit den Schädigern in Kontakt setzen und diesen, wie in unserem Fall, eine nachträgliche Lizensierung anbieten oder die Zahlung von Schadensersatz verlangen. Im äußersten Fall würden die „Partneranwälte“ von Copytrack, die Rechte der Kunden vor Gericht verteidigen. Das Risiko für die Kunden „sei gleich Null“, denn Copytrack würde nur im Erfolgsfall durch eine Provision profitieren.

Es klingt fast zu schön um wahr zu sein! Und das ist es auch. Etliche Kundenbewertungen zeichnen nämlich ein ganz anderes Bild.

Dort wird berichtet, dass die App unrechtmäßig genutzte Fotos im Internet zwar manchmal aufspürt, danach aber nichts weiter passiert. Der Kundenservice schließt die Akte wohl sehr oft wegen (angeblich) „mangelnder Erfolgsaussichten“. Als Begründung wird beispielsweise angegeben, dass keine ladungsfähige Adresse des Schädigers ermittelt werden konnte, obwohl die Kunden diese selbst innerhalb weniger Minuten herausgefunden haben.

Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die genau wie unser Mandant eine getarnte „Berechtigungsanfrage“ von Copytrack erhalten haben, obwohl ersichtlich kein Verstoß vorliegt. Natürlich war auch unser Mandant verunsichert, weil die Berechtigungsanfrage von Copytrack wie eine Abmahnung aussieht und sich für einen Nicht-Juristen auch so liest.

Aus unserer Sicht und auf Basis unserer Recherche sieht das Geschäftsmodell von Copytrack wie folgt aus: Ungeprüft kann jedermann ein Bild in der App hochladen, also egal ob er Urheber ist oder nicht. Ergeben sich Treffer, versendet Copytrack in einem automatisierten Vorgang eine Berechtigungsanfrage an jeden, der das Bild verwendet. Eine konkrete Überprüfung, ob der Empfänger eine Lizenz für das Bild erworben hat oder sogar selbst Urheber ist (wie in unserem Fall), erfolgt nicht. Den administrativen Aufwand, eine Berechtigung zu belegen, bürdet Copytrack dem Empfänger auf, ohne überhaupt mit der nötigen Gewissheit eine Rechtsverletzung belegen zu können.

Geschickt spricht Copytrack in seinen Schreiben nur von einer „möglichen“ Rechtsverletzung und fordert folgerichtig auch keine Unterlassungserklärung vom Empfänger, sodass dem Schreiben die nötige Bestimmtheit fehlt, um als Abmahnschreiben eingestuft zu werden. Für eine unberechtigte Abmahnung könnte der Betroffene nämlich Kostenerstattung verlangen. Liegt lediglich eine „Berechtigungsanfrage“ vor, ist dies nicht möglich.

Liegt tatsächlich eine Rechtsverletzung vor, leitet Copytrack augenscheinlich keine rechtlichen Schritte ein. Die Kunden, denen im Verletzungsfall gerichtliche Schritte gegen Schädiger versprochen wurden, werden mit fadenscheinigen Ausreden abgespeist. Offenbar rentieren sich gerichtliche Schritte für Copytrack nicht. Die Copytrack GmbH profitiert von den Zahlungen, die Empfänger ihrer Berechtigungsanfragen unter anderem aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen freiwillig tätigen.

Fazit: Die Rechte von tatsächlich betroffenen Urhebern werden von Copytrack offenbar entgegen dem Werbeversprechen nicht durchgesetzt. Wird eine Berechtigungsanfrage von einem Empfänger ignoriert, hat dies nach unseren Erkenntnissen keine Konsequenzen. Die Copytrack GmbH verdient ihre Geld mit automatisierten Mails ohne konkrete Fallanalyse , indem einige Empfänger in Unkenntnis ihrer Rechte oder aus Angst vor weiteren Kosten einfach zahlen. Rechtlich ist das ganze Modell clever aufgebaut, weil nur ein Jurist erkennt, dass das alles nicht zwingend bzw. verbindlich ist.

Diese Geschäftspraktik erscheint uns höchst unseriös.

Unsere Empfehlung an die Empfänger der Berechtigungsanfragen lautet daher, diese erst einmal zu ignorieren. Erst bei Erhalt einer Abmahnung, zu welcher es offenbar nur selten kommt, sollte anwaltlicher Rat gesucht werden.

© Dezember 2023, Sophie Rebière, Stefan Müller-Römer

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