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Bundestag beschließt Reform des Jugendschutzgesetzes

Mit dem vorrangigen Ziel, Kindern und Jugendlichen auch in der digitalen Welt möglichst viel Sicherheit und Schutz zu bieten, beschloss der Deutsche Bundestag am 05.03.2021 das Zweite Gesetz zur Änderung des Jugendschutzgesetzes. 

Während sich die digitale Welt seit 2002 stetig weiterentwickelt hat, blieb das Jugendschutzgesetz, das im Kern aus diesem Jahr stammt, auf dem Stand der damaligen Technik stehen. 

Da die heutigen Medien aber besonders für Kinder und Jugendliche Gefahren mit sich bringen, wurde das Jugendschutzgesetz nun modernisiert und auf die heutige digitale Medienrealität von Kindern und Jugendlichen ausgerichtet.  

Neben dem Schutz von Kindern und Jugendlichen in Bezug auf digitale Medien sollen die Änderungen des Jugendschutzgesetzes auch für eine transparentere Orientierung für Eltern und Fachkräfte sorgen sowie die Durchsetzung von Rechten auch gegenüber ausländischen Anbietern gewährleisten.  

Beispielsweise werden Anbieter von Internetdiensten verpflichtet, leicht erreichbare und verständliche Hilfs- und Beschwerdesysteme für den Fall, dass sich Kinder und Jugendliche bedroht oder bedrängt fühlen, zu etablieren. Auch müssen sie Eltern zukünftig ermöglichen, die Nutzung ihrer Kinder altersgerecht zu begleiten.

Darüber hinaus sollen Anbieter zukünftig Voreinstellungen treffen, um Kinder und Jugendliche vor Mobbing, sexualisierter Ansprache („Cybergrooming“), Hassreden, Tracking und Kostenfallen zu schützen.

Letzteres soll dadurch realisiert werden, dass bei der Altersbewertung künftig nicht nur Inhalte, sondern auch Interaktionsrisiken berücksichtigt werden. Bei Onlinespielen, bei denen beispielsweise ungeschützte Kommunikation mit Fremden möglich ist, wird Eltern durch erläuternde Symbole und die Altersbewertung mehr Transparenz geboten, sodass diese entsprechend mit intensiveren Kontrollen oder Verboten reagieren können. 

Um die neuen Regelungen durchzusetzen, wird die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ zur „Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz“ weiterentwickelt. Sie wird zukünftig sicherstellen, dass Anbieter den oben genannten Vorsorgepflichten tatsächlich nachkommen.

Um auch ausländische Anbieter regulieren zu können, werden diese verpflichtet, in Deutschland Empfangsbevollmächtigte zu benennen.

 Grundsätzlich sind die Länder für Telemedien zuständig. Mit der „Bundeszentrale für Kinder- und Jugendschutz wurde jedoch ein „Bundesorgan“ geschaffen.

Geplant ist laut Gesetzgeber eine klare Ordnung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern: Während der Bund für die Rahmenbedingungen, also die Vorsorge, zuständig ist, kümmern sich die Länder weiterhin um die Nachsorge in Form der Einzelfallaufsicht über Inhalte. 

Auch wenn es höchste Zeit war, dass das Jugendschutzgesetz an das digitale Zeitalter angepasst wird, ist noch nicht klar, ob mit der Reform die geplanten Ziele tatsächlich erreicht werden können. Spannend wird beispielsweise, ob die vom Grundgesetz vorgeschriebene Zuständigkeit für Telemedien, die eigentlich bei den Ländern liegt, tatsächlich teilweise auf ein „Bundesorgan“ übertragen werden kann.

Darüber hinaus ergibt sich die Frage, wie der deutsche Gesetzgeber mit seiner Reform ausländische Anbieter von Plattformen wie zum Beispiel Facebook, die keinen Sitz in Deutschland haben, zu Handlungen verpflichten will.

Es bleibt daher abzuwarten, wie das reformierte Gesetz konkret in die Praxis umgesetzt wird. 

© April 2021, Vivian Korneh, Stefan Müller-Römer, Alle Rechte vorbehalten

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