Böhmermann verliert Eilverfahren im „Honig-Streit“
Jan Böhmermanns gerichtlicher Streit mit dem Imker Rico Heinzig wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts ging auch in der zweiten Runde an den Imker.
Dieser hatte Böhmermanns Namen und dessen Bild benutzt, um eine bestimmte Sorte seines Honigs anzupreisen, ohne den Moderator davon in Kenntnis zu setzen. Böhmermann wollte sich dies nicht gefallen lassen, übersandte eine Unterlassungsaufforderung und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Konkret bewarb der Imker auf seiner Internetseite den dort zu kaufenden „beewashing Honey“ als „Böhmermann-Honig“. Außerdem nutzte er einen Aufsteller mit dem Bildnis Böhmermanns in Kombination mit einer Abbildung seines Honigs an einem Verkaufsstand in einem Dresdner Supermarkt. Zusätzlich zierte die Aufschrift „führender Bienen- und Käferexperte empfiehlt“ den Aufsteller.
Hintergrund dieser zwei Kampagnen war ein Beitrag in der Show des TV-Moderators im November 2023 über das sogenannte „Beewashing“. Dort kritisierte er, dass Imkereien Bienenstöcke an Unternehmen vermieten, damit diese sich selbst als umweltfreundlich und nachhaltig darstellen können, laut Böhmermann ist das ein Sonderfall des „Greenwashings“. Im Rahmen der Sendung wurde unter anderem auch die Imkerei des Herrn Heinzig genannt und dessen Bild gezeigt – ebenfalls ungefragt.
Nunmehr hatte das Oberlandesgericht über das Eilverfahren in zweiter Instanz zu entscheiden. Bereits das Landgericht Dresden hatte in der Sache dem Imker Recht gegeben. Das Gericht sah keine Ansprüche auf Unterlassung wegen Verletzung des Rechts am eigenen Namen und des Rechts am eigenen Bild gegeben. Das Oberlandesgericht bestätigte diese Bewertung.
Böhmermanns Seite sah in dem Urteil des Landgerichts Dresden nicht genügend gewürdigt, dass das Ziel der Sendung mit Beteiligung von Heinzig und seinem Unternehmen nicht die Bloßstellung von Heinzig sein sollte. Vielmehr hätte man nur einen weit verbreiteten Irrtum aufdecken wollen. Die Reaktion des Imkers wäre somit überzogen gewesen. Einer Persönlichkeitsverletzung hätte es nicht bedurft. Auch die Satire sei nicht als solche klar erkennbar gewesen und würde vielmehr nur für Verwirrung sorgen.
Eines der Kernelemente der gerichtlichen Entscheidungen war die Einordnung der Verwendung des Bildes von Böhmermann auf dem Aufsteller des Imkers als Bildnis der Zeitgeschichte und das Vorliegen eines öffentlichen Informationsinteresses. Anknüpfungspunkt für ein Ereignis der Zeitgeschichte war hier das „Beewashing“, welches Böhmermann durch seinen Sendungsbeitrag in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt habe. Beide Gerichte bejahten daher aufgrund des öffentlichen Interesses an möglichen Verfehlungen von Unternehmen im Hinblick auf die Aufbesserung ihres Images ein Ereignis der Zeitgeschichte. Die Reichweite der Sendung Böhmermanns genüge, um ein Nischenthema in den Fokus der allgemeinen Öffentlichkeit zu rücken.
Das Oberlandesgericht Dresden sah in dem Aufsteller zusätzlich eine kritische Auseinandersetzung mit der Art der Berichterstattung Böhmermanns. Böhmermanns kritisch-satirisches Sendungskonzept wurde ihm hier also zum Verhängnis.
Rechtlich interessant waren die Urteile im Hinblick auf die Einstufung der Aktion als Satire. Maßgeblich war dafür die Frage, ob die kommerziellen Werbezwecke der Aktion den meinungsbildenden und satirischen Gehalt verdrängen würden. Denn immerhin nutzte Heinzig Namen und Bild des deutschlandweit bekannten Moderators, um seinen Hönig anzupreisen und somit dessen Bekanntheit für sich gewinnbringend zu verwenden. Die enge Verknüpfung mit dem Beitrag und die humorvolle Art der Reaktion begründen nach Ansicht der Gerichte jedoch ein Informationsinteresse der Allgemeinheit. Dies zeige insbesondere auch die Art der Berichterstattung in der Presse, welche die Aktion durchweg als einen satirischen Gegenschlag darstellen würde. So gut wie jedem sei bewusst, dass es sich bei Böhmermann nicht um einen Bienen- und Käferexperten handeln würde und es sich vielmehr um eine überzeichnete, satirische Darstellung handeln sollte, die indirekt Kritik an der Sendung Böhmermanns ausdrücke. Auf Rezipienten des Aufstellers, die Böhmermann nicht kennen würden, käme es dabei nicht an, da diese schon nicht Zielgruppe der Werbung seien.
Bei der Abwägung mit den Rechten Böhmermanns falle hier erheblich ins Gewicht, dass es sich um eine Reaktion auf einen kritischen Beitrag über den Imker handelte. Heinzig sei jedenfalls berechtigt gewesen, einen „Gegenschlag“ auszuführen. Zudem zeige die Abbildung Böhmermanns keinen ehrverletzenden Charakter an sich. Das Bild entstammte der Sendung und zeigte Böhmermann in keiner unvorteilhaften Lage.
Hinsichtlich der Namensnennung war zu berücksichtigen, dass diese lediglich auf der Internetseite vorkam. Der Honig selbst trug den Namen nicht. Das Oberlandesgericht verneinte folglich einen Imagetransfer. Der Verfügungsbeklagte habe nicht mit dem Namen werben wollen. Es sollte vielmehr eine eigene Stellungnahme zu dem Thema „beewashing“ stattfinden.
Die kreative Art und Weise des Imkers, mit der – nicht nur positiven – Medienaufmerksamkeit umzugehen, wurde somit durch das Oberlandesgericht als rechtmäßig angesehen. Die Erwiderung mit Satire auf die Satire Böhmermanns ist in diesem Fall als rechtmäßig erachtet worden. Der Imker darf seinen Honig weiter so bewerben.
Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts gibt es keine weitere Instanz. Ob Böhmermann den Streit im Hauptsacheverfahren weiter verfolgen will, bleibt abzuwarten. Heinzig jedenfalls hat angeboten, den Streit zu beenden.
© Juli 2024, Niklas Dörpinghaus, Stefan Müller-Römer