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„Krieg führen“ gegen Fake-News

Lehren aus dem russischen Ukraine-Krieg

Über einen Monat führt Russland jetzt schon Krieg gegen die Ukraine. Jeden Tag und jeden Abend wird bei uns im Fernsehen diskutiert. Es sind z.T. gute Analysen der Lage dabei. Was mir allerdings fehlt, ist eine Perspektive für die Zukunft. Insoweit wird gerne die militärische Aufrüstung angeführt. Im Übrigen verbleibt es bei dem wirtschaftspolitisch motivierten nebulösen „Wir-müssen-verhandeln“-Narrativ. Gemeint ist damit Reden und Verhandeln mit den Kreml-Verbrechern. Dieses Vorgehen hat aber schon in der Vergangenheit nicht funktioniert, wie uns die Gegenwart gerade grausam beweist. Mit Massenmördern und Fundamentalisten kann man nicht reden. Man kann aber auch nicht jeden dieser Typen einfach liquidieren. Im Fall von Putin ist es so, dass der Putsch (deutlich wahrscheinlicher als eine Revolution der Bürger) von innen heraus geschehen muss. Um einen solchen Putsch zu fördern, müssen wir jedoch mehr tun, als nur die schreckliche Gegenwart zu analysieren. Aus meiner Sicht können wir auch mehr tun.

Die russische Aggression gegen die Ukraine und letztlich auch gegen uns Europäer zeigt jeden Tag aufs Neue, welche Ausmaße gezielte Desinformation in unserer heutigen Welt angenommen hat. Der Kreml erzählt mit viel medialer Power haarsträubend falsche Geschichten bzw. Lügen und zwar nicht nur in Bezug auf den aktuellen Ukraine-Krieg. Die russischen Bürger werden schon seit Jahrzehnten über alle politischen Zusammenhänge desinformiert. Daher ist die Bevölkerung Russlands politisch völlig deformiert und glaubt den (Staats-)Medien mittlerweile jeden Quatsch, womit ich das bewusste Augenverschließen einer Mehrheit der Russen nicht entschuldigen will. Auch unter den Nazis haben die meisten Deutschen Bescheid gewusst und weggeschaut. Genauso ist es jetzt unter dem faschistischen Putin-Regime in Russland.

Schon die Behauptung, dass die Welt rund um Russland voller Nazis sei, ist absurd. Die wahren Faschisten sitzen nämlich seit Jahren im Kreml und in der Duma und schüren beim russischen Volk die Angst vor einer fiktiven Bedrohung durch den Westen und die Nato, obwohl sie es selbst besser wissen und auch selbst gar nicht daran glauben, sondern nur perverse imperialistische Ziele verfolgen. Allerdings spricht dies bei uns kaum jemand deutlich aus, weswegen die russischen Desinformationskampagnen sogar hier in Deutschland Früchte tragen.

Statt dessen verwendet man in Deutschland fahrlässig und gedankenlos eine beschönigende Sprache. Beispiel: Die „Wahlen“ in Russland sind keine freie Wahlen. Deswegen ist es auch sprachlich falsch, von „Wahlen“ zu sprechen. Bei der Wortwahl müsste unsere mediale Berichterstattung deutlich sorgfältiger sein. Viel zu oft wird einfach unkritisch die Wortwahl der Diktatoren und Autokraten übernommen, selbst in Deutschlands beliebtester Nachrichtensendung, der Tagesschau. Man übernimmt die Wortwahl der Diktaturen hinsichtlich Terroristen, Separatisten, Agenten, anstatt direkt darauf hinzuweisen, dass diese Wortwahl keine Tatsachengrundlage hat, sondern reine Propaganda ist.

Wenn beispielswiese von den Separatisten in der Ost-Ukraine die Rede ist, wird unterschlagen, dass die Besetzung der Ost-Ukraine eine vom russischen Geheimdienst geplante Aktion war, bei der man sich klassischer, russisch-stämmiger Krimineller aus der Ost-Ukraine bedient hat. Die sog. Separatisten sind nichts anderes als klassische Mafiosi. Die Hälfte der Bevölkerung aus diesen Gebieten ist geflohen, sodass auch die von Russland propagierten „Wahlen“ in diesen Gebieten jetzt natürlich das gewünschte Ergebnis bringen würden, nicht zuletzt weil es gar keine Wahlen wären. In der Ost-Ukraine werden Kritiker einfach umgebracht.

Wenn beispielsweise von der russischen Justiz berichtet wird, müsste immer darauf hingewiesen werden, dass es keine unabhängige Justiz in Russland gibt, sondern nur kriminelle Handlanger des Putin-Regimes, die sich Richter oder Staatsanwälte nennen, so wie damals in Deutschland unter den Nazis.

Fakten werden vom Kreml seit Jahren einfach totgeschwiegen und noch nicht einmal mehr geleugnet. Diese Form der Zensur benutzt die chinesische Diktatur schon lange und hat sie in den letzten Jahrzehnten perfektioniert. Die chinesische Diktatur mit ihrer Medien- und „Informations“strategie war das Vorbild für den Kreml bei der kontinuierlichen Verbesserung seinen Desinformations- und Zensurmaßnahmen.

By the way: China ist der viel gefährlichere Feind als das wirtschaftlich schwache Russland. Die Mehrheit aller Russen sind sehr herzliche Menschen, die uns kulturell zudem in vielem viel näher stehen als die Chinesen. Der deutlich stärkere Feind einer freien und friedlicheren Welt steht in China. Zur Klarstellung: Auch die meisten Chinesen sind herzliche Menschen, was aber aufgrund ihrer kulturell verankerten Zurückhaltung sowie dem tief verankerten Hierarchie-Bewusstsein oft nicht so empfunden wird.

Diese Zensur-Maßnahmen haben sich als so effektiv erwiesen, dass der Kreml die nächste Stufe der Desinformation erklommen hat und Fakten nicht mehr nur ignoriert, sondern sich einfach eine eigene Realität kreiert, die nichts mit belegbaren Fakten zu tun hat. So erzählt der Kreml den Russen die absurde Story, er müsse die Ukraine von Nazis befreien, um dort lebende Russen vor einem Völkermord zu schützen. Noch krasser wird es aktuell, wenn der Kreml und seine Sprechpuppen behaupten, die Leichen auf den Straßen von Butscha seien von den Ukrainern selbst arrangiert worden. Selbst die vom BND abgehörten Funksprüche russischer Soldaten, mit denen die russischen Kriegsverbrechen in Butscha nachvollziehbar bewiesen werden können, veranlassen den Kreml nur dazu, noch absurdere Lügengeschichten zu erfinden.

Dass diese Verdrehung der Fakten in Russland tatsächlich funktioniert und das putinsche Narrativ sogar außerhalb Russlands auf fruchtbaren Boden fällt, zeigt uns sehr deutlich, woran wir in erster Linie arbeiten müssen, wenn wir die Zukunft besser gestalten wollen. Wir müssen diese gezielten Desinformationskampagnen endlich als das erkennen, was sie sind - Angriffe in einem Medienkrieg. Diesen Aggressionen müssen wir entschlossen begegnen und unsererseits einen „Krieg“ gegen die Verbreitung von Fake-News und die gezielte Desinformation der Menschen aktiv führen. Die Formulierung wähle ich deshalb so martialisch, weil die letzten Jahre (gerade auch mit Trump als Ober-Faker) gezeigt haben, dass es mit einer ruhigen Analyse und Benennung von Falschnachrichten entgegen der bis dato vorherrschenden Meinung eben nicht getan ist. Fake-News müssen medial wirksam als solche entlarvt werden und ihre Verbreiter müssen namentlich benannt, an den Pranger gestellt und zur Rechenschaft gezogen werden.

Gleichzeitig müssen wir uns überlegen, wie es uns gelingen kann (im Bewusstsein unserer eigenen Unvollkommenheit :) ), wenigstens einer Mehrheit der Menschen in den aktuell relevanten Gesellschaften möglichst objektive und trotzdem leicht verdaubare Informationen zu vermitteln, damit die Lügner mit ihren simplen Lügen nicht durchkommen. Die leichte Verdaulichkeit der Informationen ist besonders wichtig, weil die meisten Menschen (auch in Deutschland) sich leider erschreckend wenig für ihr politisches Umfeld interessieren, obwohl es ihr Leben bestimmt.

Wir brauchen ganz dringend einen Plan, wie wir objektivere Informationen vor allem in Russland, China und anderen Diktaturen unter die Bevölkerung bringen. Dazu werden auch wir einen offensiven Medienkrieg führen müssen, weil die Diktatoren weiterhin alles tun werden, um eine wahrhaftigere Berichterstattung zu verhindern. Denn nichts schadet ihnen mehr, als dass ihre Fake-News hinterfragt und aufgedeckt werden und sie von der Bevölkerung als Lügner entlarvt werden.

Zu Zeiten des Kalten Krieges mag es noch genügt haben, über Radiowellen bzw. -sender Auslandsprogramme zu verbreiten. Heutzutage müssen wir aber viel mehr tun, weil viele Menschen kein Radio mehr hören und die Informationsgewinnung und-verbreitung mehr und mehr in den (a)sozialen Medien stattfindet. Wir müssen also aktiv werden und ebenfalls massiv hacken, um in die Propaganda-Social-Media-Kanäle der Diktaturen eindringen zu können und sie lahmzulegen oder (zer-)stören zu können. Russland und China tun das bei uns schon lange. Wir wissen das auch, schauen aber weg, weil uns jahrzehntelang die These vom „Wandel durch Handel“ als einzig plausibler Weg verkauft wurde. Eingetrichtert wurde uns dieser rein wirtschaftspolitisch motivierte Weg von jenen, denen Geldverdienen über alles geht, vor allem über Menschenrechte und Demokratie. Dieser Vorwurf geht an große Kreise unserer sog. Wirtschafts- und Politik-Elite, die leider nachgewiesen haben, dass sie keine politische Weitsicht besitzen.

Menschenrechte und Demokratie sind das Fundament, auf dem wir unsere Politik aufbauen müssen.

So kompliziert die Welt manchmal auch ist, es gibt einfache Grundregeln, deren Einhaltung man wenigstens versuchen sollte. Eine lautet: Mit Verbrechern macht man keine Geschäfte, wenn man sich nicht selbst unglaubwürdig machen will.

Natürlich muss man sich in der Realpolitik auch einmal „die Hände schmutzig machen“. Aber man muss sehr sorgfältig abwägen, warum und wie weit. Man muss einen Plan haben. Daran fehlt es ganz offensichtlich bei unserer westlichen Pseudo-Wertepolitik. Letztlich geht es nur ums Geld, wirtschaftliche Interessen und um unseren Wohlstand. Dabei übersehen wir, dass gerade diese Scheuklappen-Politik unseren Wohlstand massiv gefährdet, weil das Fundament unseres Wohlstandes Menschenrechte und Demokratie sind. Wir betreiben seit Jahrzehnten eine völlig verlogene Politik. Die sog. Entwicklungshilfepolitik ist das markante Symbol dieser Verlogenheit, weil wir unsere Ausbeutung fremder Ressourcen und Länder damit kaschieren wollen. Diese Heuchelei bemerken die Diktaturen und die Entwicklungsländer und die dortigen, deutlich korrupteren Eliten nehmen sich ein Beispiel an den westlichen „Vorbildern“. Warum wundert man sich bei uns darüber?

Wir treten die von uns lautsprecherisch verbreiteten Werte „Menschenrechte und Demokratie“ permanent selbst mit Füßen und messen mit zweierlei Maß. Allen voran die USA, wie u.a. der Fall Assange offenbart (zur Erinnerung: Assange hat die Kriegsverbrechen der USA im Irak aufgedeckt. Dafür wird er jetzt von den USA verfolgt, während von den amerikanischen Kriegsverbrechern kein einziger bestraft wird.). Gleichzeitig verlangen wir von der Bevölkerung echter Diktaturen wie Russland oder China, dass sie an unsere (westlichen) Werte glauben und sogar dafür kämpfen sollen. Wie soll das denn funktionieren?

Natürlich berufen sich ein Putin oder ein Xi Jinping oder andere Diktatoren darauf, dass die USA auch nicht wesentlich anders handeln und zeigen mit dem Finger auf uns. Und leider haben sie auch Recht damit.

Weiteres Beispiel: Edward Snowden, der die massive und rechtswidrige Überwachung durch die NSA aufgedeckt hat, sitzt immer noch als Flüchtling in Moskau, weil die USA auch ihn verhaften und verurteilen möchten. Gönnerhaft hat der Kreml - im Gegensatz zu unserer Regierung - dem amerikanischen Whistleblower als „politisch Verfolgtem“ mittlerweile ein dauerhaftes Asyl gewährt - und die Amerikaner (und das westliche Demokratieverständnis) damit medienwirksam vorgeführt. Das ist für die Wahrnehmung unserer demokratischen Gesellschaften in der Welt eine Katastrophe. Deutschland duckt sich dabei einfach weg- wie immer, wenn es um eklatante Rechtsverletzungen der USA geht.

Die mit dieser Erinnerung an amerikanisches Unrecht verbundene Relativierung ändert übrigens nichts daran, dass Putin und alle seine Freunde (auch die verblendeten Russen und Russlanddeutschen in Deutschland) bekämpft und bestraft werden müssen. Gleichzeitig müssen aber genauso die amerikanischen Kriegsverbrecher und nicht zuletzt die Trump-Anhänger bekämpft und bestraft werden, denn Trump und seine Anhänger sind genauso krank im Kopf wie Putin und dessen Anhänger.

Appeasement-Politik gegenüber Autokraten und Gewaltherrschern hat noch nie funktioniert. Dieser Fehler wurde schon gegenüber Hitler und den Nazis und auch gegenüber Stalin und seinem Faschismus (verbrämt als Kommunismus) begangen. Es ist für mich unbegreiflich, dass wir dieselben Fehler immer wieder machen.

Wie ein klassischer Schulhofschläger braucht auch Putin keinen konkreten Anlass für Gewalt. Seit Jahren wird „vom Westen“ und der Nato proklamiert, dass man Russland bzw. Putin nicht provozieren dürfe. Was für eine Idiotie und Naivität. Hat der klassische Schulhofschläger, den viele noch aus ihrer Jugend kennen dürften, jemals eine Provokation gebraucht, bevor er losprügelt? Nein! Ihm war jeder Anlass recht, um sich „provoziert“ zu fühlen und „zurück“ zu schlagen. Er hat sich einfach genommen, worauf er Lust hatte, wenn erforderlich mit Gewalt.

Putin ist nicht verrückt. Aber er tickt wie ein klassischer Schulhofschläger. Solange es keinen ernsthaften Widerstand gibt und ihm klare Grenzen gesetzt werden, d.h. solange er nicht selbst einmal „auf die Fresse bekommt“, wird er einfach weiter machen. Deswegen darf Russlands Krieg gegen die Ukraine nicht einmal im Ansatz erfolgreich sein.

Es gibt in diesem Krieg also letztlich nur eine Option für den Westen und damit auch für uns. Die Ukraine muss gewinnen, zumindest weitestgehend, wobei die Zerstörungen natürlich bleiben werden. Sonst wird die russische Aggression in den Nachbarländern der Ukraine weitergehen. Die schwierige Frage ist, ob u.a. die Verteidigung von Mariupol zur Verhinderung eines russischen Korridors auf die Krim zu einem „Sieg“ der Ukraine dazu gehört und wie der faschistoide Kreml mit einer Niederlage umgehen wird. Denn eine Niederlage ist selbst für die Desinformationshelden in Moskau nur schwer zu verkaufen. Daher werden wir damit rechnen müssen - auch davor warnen die Ukrainer übrigens seit Beginn des Krieges - dass der Kreml den Krieg noch grausamer und stärker auch gegen die Zivilgesellschaft und auch mit Chemiewaffen führen wird. Darauf müssen wir vorbereitet sein. Wir brauchen dafür eine Strategie bzw. einen klaren Plan, wie wir auf weitere Eskalationsschritte reagieren wollen. Die „verschärfte Betroffenheit“, wie etwa nach den kürzlich aufgedeckten Massakern in Butscha, hilft da nicht weiter. Denn genau das ist die typisch westliche Larmoyanz, die einen Schulhofschläger nicht beeindruckt.

Die Sanktionen müssen noch deutlich härter werden. Da ist noch viel Luft nach oben und zwar unabhängig von der Gas/Öl/Kohle-Thematik. Unsere westlichen Regierungen und unsere Industriekapitäne sind da schlicht nicht ehrlich, weil ihnen das Geldverdienen wichtiger ist als eine konsequente Haltung, die natürlich nicht sofort zu greifbaren Resultaten führt, sondern nur auf mittlere und lange Sicht Wirkung zeigen wird, aber letztlich überlebensnotwendig für unser demokratisches Gesellschaftsmodell ist.

Es wäre zu überlegen, Russland in Syrien unter Druck zu setzen, indem man seinen dortigen Statthalter, den Massenmörder Assad (den man längst hätte beseitigen müssen), angreifen lässt. Es gibt genügend Syrer, die sich gerne an Assad und der russischen Armee rächen würden. Ebenso kann man Russland und seine verbrecherische Wagner-Truppe in Mali in Schwierigkeiten bringen - wenn die Wagner-Mörder nicht schon alle in der Ukraine sind. Auch in Belarus könnte man Putin-Statthalter Lukaschenko endlich das „Haus anzünden“. Russland hat nicht die Kraft, und auch nicht die militärischen Mittel, um an allen Fronten gleichzeitig aktiv zu sein. Also muss man Russland in Mehrfrontenkonflikte verwickeln. Der Westen ist viel stärker, als er glaubt. Wir müssen diese Stärke nur endlich härter ausspielen. Dazu gehört als erstes die mediale Attacke, die bis dato nur von den Anonymus-Hackern mit Hilfe der Zivilgesellschaft kreativ und konsequent geführt wird, während unsere Regierungen und Geheimdienste herumeiern. Zumindest der deutsche Geheimdienst ist aller Wahrscheinlichkeit nach auch schlicht zu doof dafür.

Der Medienkrieg gegen Russland und gegen China muss von Seiten Europas und der Nato endlich intensiv geführt werden. Wir müssen die russischen und chinesischen Netze aktiv angreifen. Wir müssen die Berichterstattung über solche Konflikte und außenpolitische Zusammenhänge auch bei uns viel intensiver gestalten in der Hoffnung, dass wenigstens ein Teil unserer Bevölkerung sich für die eigene Sicherheitslage interessiert.

Das Appeasement muss gerade auch im Journalismus aufhören, d.h. schreckliche Taten dürfen nicht permanent verharmlost werden und Kriegsverbrechen müssen in aller Deutlichkeit als solche benannt werden. Gerade im Fall Russland haben auch die Medien bei uns bei den Kriegen in Tschetschenien, Georgien, im Donbass und auf der Krim praktisch weggeschaut. Mord muss auch in den Medien als Mord bezeichnet werden. Ein großer Teil der Journalisten in Deutschland haben gerade im Hinblick auf Russland und China eine regelrechte Schere im Kopf. Kritische und wahrhaftige Berichterstattung über die Zustände in Russland und China wird von diesen Journalisten und ihren Medienhäusern selbst als gefährliche Provokation bewertet und dementsprechend unterlassen, nicht zuletzt weil Russland und China dazu übergegangen sind, unliebsame Berichterstattung sogar bei uns zu bekämpfen. Immerhin werden manchmal Gastbeiträge von fachkundigen Russen wie Mikhail Zygar veröffentlicht, der sehr nüchtern zusammenfasst, wie krank und brutal die russische Gesellschaft insgesamt schon ist und deutlich macht, wie schwierig es sein wird, das zu ändern.

Ein medialer Krieg kostet übrigens auch viel weniger Geld als ein echter Krieg mit Waffen. Und ein medialer Krieg kostet keine Menschenleben.

Auch im Falle eines Waffenstillstands in der Ukraine darf es keine Ruhepause in unserem medialen Engagement gegen Diktaturen und auch keine Zurücknahme der Sanktionen gegen Russland geben, solange nicht ein Regimewechsel in Russland erfolgt. Geld regiert die Welt, auch in Russland. Wenn Russland unter Putin langfristig ein Paria bleibt, wird ihn die Nomenklatura in Russland nicht länger tragen und irgendwann (hoffentlich) selbst beseitigen.

Der Regimewechsel in Russland muss von westlicher Seite offen propagiert werden. Denn ein Regimewechsel richtet sich nicht gegen Russland und erst nicht gegen die Russen sondern nur gegen die verbrecherische Führungs-Clique rund um Putin, die Russlands Zukunft verspielt. Diesen Unterschied müssen wir offen propagieren und der russischen Bevölkerung vor Augen führen. Es gibt genügend Russen, die gerne einen Regimewechsel sehen würden und die mutig ihre Freiheit und ihr Leben aufs Spiel setzen, sich in Russland öffentlich gegen Putins Krieg positionieren und auf die Straßen gehen. Diese Menschen müssen wir endlich bedingungslos unterstützen. Daran fehlt es nach wie vor.

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