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Berichterstattung über Gesundheitszustand von Michael Schumacher ist unzulässig

Seitdem der 7-malige Formel 1 Weltmeister Michael Schumacher im Jahr 2013 beim Skifahren schwer gestürzt ist, ist er nicht mehr öffentlich aufgetreten. Auch über seinen Gesundheitszustand sind nur wenige Details bekannt.

Im November 2018 erregte Erzbischof Georg Gänswein Aufsehen, indem er private Details über seinen Besuch bei Michael Schumacher im Jahr 2016 öffentlich machte.

Online-Portale wie maennersache.de und intouch.wunderweib.de berichteten ebenfalls darüber und zitierten unter anderem folgende Aussagen des Erzbischofs:

„[…] dann brachte ein Therapeut Michael Schumacher ins Wohnzimmer.“

„Ich begrüßte Michael Schumacher und hielt seine Hände, die warm waren.“

„Sein Gesicht ist so, wie wir es alle kennen, das typische Michael Schumacher-Gesicht; nur ein wenig fülliger ist er geworden."

Daraufhin klagte die Familie Schumacher auf Unterlassung gegen die Berichterstattung der Online-Portale, die beide von der Bauer Media Group betrieben werden. Das Landgericht Frankfurt gab der Klage weitestgehend statt und untersagte der Beklagten die Behauptung und oder Verbreitung der oben zitierten Äußerungen.

Das Berufungsgericht hingegen wies die Klage vollumfänglich ab.

Es vertrat die Auffassung, dem öffentlichen Interesse und der Pressefreiheit sei Vorrang einzuräumen und Formulierungen wie „warme Hände“ und „fülligeres Gesicht“ hätten gar keine nennenswerte Aussagekraft hinsichtlich des Gesundheitszustands von Michael Schumacher.

Die daraufhin eingelegte Revision der Familie Schumacher beim BGH hatte teilweise Erfolg.

Der BGH (Urteil v. 14.03.2023, Az.: VI ZR 338/21) sah in den oben zitierten Äußerungen Persönlichkeitsrechtsverletzungen, weil diese Informationen über den Gesundheitszustand von Michael Schumacher preisgeben.

Bei einem gesunden Menschen seien solche Äußerungen bloße Nebensächlichkeiten und wohl kaum berichtenswert. Bei einer in der Öffentlichkeit überaus bekannten Person, über die seit Jahren kaum Details über deren konkretes Aussehen und konkreten Gesundheitszustand preisgegeben werden, seien diese begrenzten Einblicke jedoch dazu geeignet, Erkenntnisse über die gesundheitliche Verfassung zu gewinnen, so der BGH.

Die Schilderung warmer Hände lasse den Schluss auf eine Körperfunktion zu, nämlich die gute Durchblutung der Hände.

Die Angabe, der Kläger weise noch seine typischen Gesichtszüge auf, er sei nur fülliger geworden, vermittele nach Auffassung des BGH die Information, dass sein Gesicht infolge des Unfalls jedenfalls nicht in einer solchen Weise in Mitleidenschaft gezogen worden sei, dass er für Personen, die ihn vor dem Skiunfall kannten, nicht mehr wiederzuerkennen wäre. Zudem ergebe sich, dass sich seit dem Unfall die schlanke Gesichts- und/oder Körperform verändert habe.

Auch die Berichterstattung, der Kläger sei von einem Therapeuten ins Zimmer gebracht worden, mache für den Leser anschaulich, dass er motorische Einschränkungen habe und er schon bei dieser alltäglichen Verrichtung Hilfe benötige.

Zudem vermittele der Artikel des Online-Portals maennersache.de, in dem der Zeitpunkt des Besuchs des Bischofs nicht erwähnt werde, den Eindruck, die Information über den Gesundheitszustand des Klägers sei zum Erscheinungsdatum des Artikels aktuell. 

Der BGH sagt in seiner Entscheidung deutlich, dass die konkreten Informationen zum Gesundheitszustand von Michael Schumacher in der Öffentlichkeit nichts zu suchen haben. Die Berichterstattung zum körperlichen Zustand des Klägers vermittele den Eindruck, der Kläger befinde ich in einem gebrechlichen und hilfebedürftigen Zustand.

Gegen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung spreche auch nicht das Argument, der Kläger verhalte sich widersprüchlich, da er wegen dieser Textpassagen gegen die Online-Portale, nicht aber gegen andere Medien und insbesondere die Ausgangsquelle vorgegangen sei. Denn der Verweis auf das rechtswidrige Verhalten Dritter kann einen Störer grundsätzlich nicht entlasten.

Die ebenfalls von der Klägerseite gerügten zitierten Äußerungen des Erzbischofs

„Ich begrüßte Michael Schumacher“

„Zum Abschied habe ich mit dem Daumen ein Kreuzzeichen auf seine Stirn gezeichnet und ihm mein Gebet versprochen."

stellen hingegen keine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, weil hieraus keine konkreten Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand von Michael Schumacher gezogen werden können.

Es liege nach Auffassung des Gerichts insoweit nur eine unerhebliche Beeinträchtigung der Privatsphäre des Klägers vor, weshalb das Persönlichkeitsrecht das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Berichterstattung in diesen Punkten nicht überwiege.

Die Entscheidung des BGH zeigt sehr gut auf, dass immer eine sehr konkrete Einzelfallabwägung bzgl. jeder Äußerung stattfinden muss.

Sollten auch Sie in Ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt worden sein, melden Sie sich gerne bei uns. Wir prüfen Ihren Fall und helfen Ihnen, Ihre Ansprüche durchzusetzen.

© Stefan Müller-Römer, Nadine Krischick, April 2023

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